Liebeserklärung an eine nicht alltägliche Hunderasse
Während ich diese Zeilen schreibe, liegt mein Hund unter dem Tisch und wärmt mir die Füße. Bis vor kurzem waren es zwei. Kalte Füße sind mit einem PON eher selten.
Wenn Sie dazu nicht bereit sind, lesen Sie nicht weiter. Kaufen Sie sich lieber etwas anderes. Im August 1989 stand ich plötzlich ohne Hund da, denn der kleine Münsterländer den ich damals hatte litt an hochgradiger Herzinsuffiziens mit Ödem der Lunge. Das Leben war ihm zur Qual geworden. Die Zeitungen gaben nichts her, also fuhr ich ins Tierheim.
Gleich beim ersten Besuch in Detmold wurde ich fündig. Beinahe hätte ich aber aus einem 5er Wurf vier Monate alter Huskies ein Tier mitgenommen als mein Blick, zwei Boxen weiter, auf zwei kleine Wuschels fiel.
„Ja, mit denen ist das so eine Sache – die sind am 15.Juni hier geworfen worden. Das Muttertier ist wieder abgeholt worden von Spätaussiedlern aus dem Osten. Das waren mal 5 Welpen, die werden etwa so kniehoch“. Mehr war von der Betreuerin nicht zu erfahren.
Mischling, weiblich, schwarz-grau mit hellen Abzeichen und 8 Wochen alt, so lautete die Beschreibung im Kaufvertrag. Ich habe nicht ahnen können, was ich damals erworben habe.
Er hat sich zu einem kräftigen, robusten und mittelgroßen Hund entwickelt. Er zeigte sich sehr anstellig und es war leicht ihm etwas beizubringen. Innerhalb einer knappen Woche war er „sauber“ und meldete sich, wenn ihn etwas drückte.
Er war schnell leinenführig und mit 4 Monaten ging er zuverlässig ohne Leine an meiner Seite. Zeigte man ihm 2-3-mal etwas, hatte er das begriffen und sein ganzes Leben lang nicht vergessen. Er ist auch bis ins hohe Alter aufnahmefähig für Neues geblieben.
Dieser Hund hat nie ein hartes lautes Wort gehört, geschweige einen Schlag bekommen. Er hatte es am liebsten, wenn man zu ihm sprach oder sich mit ihm beschäftigte.
Seine Augen hingen an mir, beständig wurde ich beobachtet. Es passierte immer wieder, dass ich an irgendetwas dachte und der Hund aufstand und das machte, woran ich gerade gedacht habe.
Kann er Gedanken lesen? Nein – das konnte er sicherlich nicht.
Aber seine feine Beobachtungsgabe, sein Einfühlungsvermögen, seine hohe Intelligenz, seine guten Instinkte und die grenzenlose Hingabe zu seinen Menschen ermöglichten dieses Phänomen. Er war kein reinrassiger PON aber weitgehend entsprach er dem Rassestandard. Sein Aggressionspotential war gering, trotzdem war er mutig, furchtlos und unerschrocken.
Er kam in die Jahre und die Nachfolge wurde dringlich. Die Rassefrage war eindeutig geklärt – Polski Owczarek Nizinny – nichts anderes.
Doch woher eine so seltene Rasse bekommen? Zufällig erhielt ich die Telefonnummer der Welpenvermittlung des Zuchtvereins und wurde weiter vermittelt. Ich geriet an eine Familie, die es auf ihre Fahne geschrieben hatte, die Rasse zu züchten, zu fördern, nicht zu vermehren.
Als ich das erste Mal mit der Züchterin sprach, war ich mir im Klaren, an der richtigen Adresse zu sein. Ihre Vorstellungen von zeitgemäßer Hundezucht waren deckungsgleich mit meinen Vorstellungen.
Sehr lange habe ich warten müssen, bis die erlösende Nachricht über den erfolgten Wurf kam.
Ich fuhr zu der Züchterin und sah zum ersten Mal unser neues Familienmitglied. Da lebten 4 kleine Fellbündel, 2 erwachsene PONs, Kinder und Erwachsene alle in der Wohnküche zusammen. So sollte eine Hundezucht aussehen, integriert in das tägliche Geschehen.
Sorgfältige Partnerwahl, Integration der Hunde, medizinische Betreuung und gute Ernährung zeichnen eine Zuchtstätte aus. Lassen Sie sich nicht von geschwollenen Anzeigen blenden; die Leute haben es nötig. Sollten Sie einen Hundezwinger sehen, gehen Sie schnell weiter – unzeitgemäß.
Das Gleiche gilt, falls da mehrere Rassen bellen, denn dann sind Sie an eine Hundefabrik geraten. Im ersten Fall werden Sie mit Sicherheit einen seelischen Krüppel erwerben und im zweiten Fall einen körperlichen Krüppel obendrein. Und dann kam der große Tag: Einzug des neuen Familienmitglieds.
Wir haben einen optimal geprägten, kerngesunden, fröhlichen und neugierigen Welpen erhalten.
Das alte Tier, schon 12 1/2 Jahre alt, hat sich mit Hingabe des kleinen Hundes angenommen und der Kleine begann den alten Hund zu kopieren. Er hat es sehr leicht gehabt. Der Rassehund ist graziler, das Haar härter, pflegeleichter aber sonst ist er wie der Alte, vielleicht noch ein bisschen anhänglicher, noch Menschenbezogener.
Das Temperament ist genauso überschäumend, das Nervenkostüm genauso belastbar, das Aggressionspotential tendiert gegen null, der Hütetrieb ist ausgeprägt.
Und dieser Hund ist kein Zufall wie der Alte, sondern das Ergebnis sinnvoller Überlegungen. Mit diesem Hund werde ich einen Wurf ziehen, um mir den Wunsch nach einem selbst gezüchteten Hund zu erfüllen.
Die Jahre mit den PONs waren meine bisher schönsten.
Keine Rasse hat mich bisher so stark beeindruckt, wie diese. Das wird wohl größten Teils daran liegen, dass sie sich ihren natürlichen Charme bewahrt hat, noch nicht überzüchtet ist. – Wie lange noch?
Der Alte ist nun in der Ewigkeit. Auf tierärztlichen Rat habe ich ihn auf eine lange Skandinavien Tour nicht mitgenommen. Er hatte die Vorbereitungen genau verfolgt. Laufend hat er das Wohnmobil inspiziert und dann fuhr nur der Kleine mit.
Er, der schon halb Europa bereist hatte, musste zu Hause beim Frauchen bleiben. Das hat er nicht verstanden.
18 Stunden später war er tot. Der Trennungsstress hat ihm das Lebenslicht ausgelöscht. Er war zwar alt, aber nicht hinfällig.
Es war Sonntag, der 15. Juni 2003, sein 15. Geburtstag. Er ist am gebrochenen Herzen gestorben, wie man so sagt.
Jetzt wissen Sie, wie weit die Zuneigung eines PON zu seinem Menschen geht. Ganz tief muss ich mich vor dieser Tierpersönlichkeit verneigen.
Klaus Klehr
„Zuchtstätte PONs vom Nalhof“
www.pon-zuechter.de